Kolumne über bezahlbaren Wohnraum

Uwe Siemer durfte als Kolumnist der März 2020 Ausgabe des TAMI Magazins (Seite 33) einen Beitrag beisteuern. Den Originalartikel finden Sie auf tami-magazin.de, alternativ zeigen wir Ihnen den Inhalt anbei.

Was ist bezahlbarer Wohnraum?

Laut EU-Definition besteht eine Überbelastung durch Mietkosten dann, wenn Haushalte 40% und mehr ihres verfügbaren Einkommens für Miete und Mietnebenkosten aufbringen müssen. Von seriösen Vermietern wird bei der Selbstauskunft darauf geachtet, dass das zur Verfügung stehenden Nettoeinkommen der Mieter/der Familie/des Paares mindestens dreimal so hoch ist wie die Warmmiete, d.h. Nettokaltmiete zzgl. Nebenkosten. Diese 1/3 Regelung ist gesund und lässt sich wirtschaftlich darstellen. Sie wird jedoch häufig genug überschritten.

Die Schere zwischen Miete und Nebenkosten wird immer größer.

Nettokaltmiete ist das, was der Vermieter/Besitzer der Wohnung als Entgelt für die Benutzung des Mietgegenstandes verlangt. Das Interesse des Vermieters ist in der Regel eine langfristige Rendite bei gleichzeitiger Wertsteigerung der Immobilie.

Die Nebenkosten teilen sich auf in kalte und warme Betriebskosten:

Kalte Betriebskosten:
Hausbeleuchtung, Schornsteinreinigung, Versicherung, Hauswartkosten, Antennen und Kabelfernsehen, Grundsteuer, Wartung von z. B. Aufzug o. ä., Müllabfuhr, Gartenpflege und sonstige Betriebskosten.

Warme Betriebskosten:
Heizung, Strom und Warmwasser (Eigenverbrauch des Mieters).
Zur Steigerung der Nebenkosten haben in den letzten Jahren zum einen die höheren Kosten der Energieträger (Öl und Gas) und Strom geführt, zum anderen haben die Steigerung der Kosten für Steuern, Versicherungen, Abfall und die erhöhten Wartungskosten der Technik einen großen Anteil an dieser Entwicklung.

Wer schafft bezahlbaren Wohnraum? Interessenskonflikt zwischen Rendite und sozialem Frieden.

Es besteht ein erheblicher Mangel an bezahlbarem, sozial verträglichem Wohnraum. Die Investitionen in den Wohnungsbau sind renditegetrieben, die Zinsen sind niedrig, die Alternativen für Geldanlagen in Sparbriefen sind zurzeit sehr mau, die Investitionen in Aktien bergen Risiken. Daher boomt der Bau von Wohnungen im höherwertigen und renditestarken Segment, der soziale Wohnungsbau stockt und ist für Anleger wenig interessant. Der Staat verändert aktuell die Abschreibungs- und Investitionsmöglichkeiten, Experten erwarten dennoch keine signifikanten Zuwächse um die riesige Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum zu stillen.
Dieser Zustand führt zu ungesunden Spannungen innerhalb des städtischen Lebensraums, zur Gentrifizierung und zur Abwanderung in den Stadtrand oder aufs Land.

Wir Architekten betrachten die baulichen Lösungen:

  • Einfache und sich wiederholende Grundrisse, logische Tragsysteme, vernünftige und bedarfsgerechte Wohnungsgrößen.
  • Nachhaltige, langlebige und energieeffiziente Baukonstruktionen.
  • Einfache und wartungsarme Techniken.
  • Möglichst flächendeckende Wärmeenergiestrukturen (Fernwärme)

Der Staat und sonstige karitative Strukturen müssen die weiteren Schritte tun und als nullverzinsliche Investoren auftreten, gleichzeitig sollten weitere finanzpolitische Anreize geschaffen werden.

Also, lasst uns die Dächer mit Leben füllen.

Uwe Siemer / Siemer Architektur Büro Trier